Lieber Leser, ich entschuldige mich für die lange Wartezeit bis es endlich wieder etwas zu lesen gibt. Ich hatte aus verschiedenen Gründen keine Zeit. Doch nun geht es wieder los. Gleich mit einer aktuellen Geschichte.
Es ist Abend und ich gönne mir einen Kaffee Late in einem der berühmten Coffee Shops. Feierabend, endlich die privaten Mails abarbeiten und etwas herunterfahren. So alleine in einem Kaffee zu sitzen und nicht im Stress zu sein, gibt mir nach Wochen endlich wieder die Möglichkeit, meinem Hobby zu frönen. Ja genau, Menschen beobachten. Eigentlich passe ich gar nicht zu dem Klientel hier. Da sind die Studenten mit ihren MacBooks, die Manager mit den iPads und alle tun so, als würden sie arbeiten. Ich schaue auf meinen Netbook – kein Mac – und denke, es ist doch nicht ganz so falsch. Eine Gruppe junger Studenten unterhalten sich über ein philosophisches Thema, das mich an das Huhn-Ei Problem erinnert. Persönlich finde ich solche Diskussionen sehr interessant, da es kein Richtig oder Falsch gibt. Doch nur dabei zuhören ist eher ermüdend. So lasse ich mal meinen Bildschirm schrittweise dunkler werden und meinen Blick durch das Lokal schweifen.
Ein Anzugträger telefoniert aufgeregt. Nicht dass ich nie einen Anzug trage, doch das kommt eher selten vor. Ich konzentriere mich kurz auf ihn. Ungehemmt diskutiert er mit seinem Gesprächspartner über eine Übernahme eines kleineren Betriebs. Ich vermute, dass dieses Gespräch eher eine höhere Geheimhaltung verdienen würde. Zwischendurch fallen sogar Namen und Beträge. Da es sich nicht um eine Branche handelt, in der ich tätig bin oder sein will, verlässt meine Aufmerksamkeit den Public Manager und wendet sich nochmals kurz meinem Rechner zu. Doch der Funke von Arbeitswille schafft es nicht über ein Herunterfahren hinaus. Also Netbook weggepackt und in die Tasche gesteckt. Irgendwo zwischen Buch, Dokumenten und den Einkäufen von vorhin passt das kleine Ding endlich rein.
Ich lehne mich zurück und wende mich erneut den Gästen zu. Die Philosophen schlüpfen gerade in ihre Mäntel und ziehen ohne ihre Diskussion zu unterbrechen von dannen. An der Theke sammeln sich ein paar neue Gäste, die ihre Bestellung aufgeben und auf ihre Getränke warten. Eine Frau in den Dreissigern kommt mit einer Tasse und einem Muffin in meine Richtung. „Ist da noch frei?“ fragt sie und zeigt auf den Stuhl am Nebentisch. Ich schlucke im letzten Moment ein ’nein da sitzt der Präsident der vereinigten arabischen Emirate‘ hinunter. Obwohl mich gleich darauf die Frage juckt, ob sie den Fehler bemerken würde. (Ja, lies die Frage nochmals…) Mit einem Lächeln nicke ich und entgene ein „Bitte“. Als Mann bist du nun im Dilemma. War die Frage nun einfach eine Frage oder deie Aufforderung zum Gespräch? Liebe Männer, das sind Fragen, die wir nur falsch beantworten können.
Die Antwort wird mir durch einen Klingelton gegeben. Sie setzt sich und hält sich ihr Handy ans Ohr. Wie erwähnt, ist sie in den Dreissigern und elegant gekleidet. Ein schwarzer Blaser, eine schwarz/weiss gemusterte Bluse, schwarzer Jupe und passende Strumpfhosen. Eine Geschäftsfrau. Das Telefonat scheint aber privat zu sein. Kaum habe ich dies gedacht, höre ich auch schon „ja Mama“. Bingo! Nein, nicht weil ich recht hatte. Eine erwachsene Frau die von ihrer Mutter angerufen wird, das kann für mich als Aussenstehender nur lustig werden. So höre ich zu und beobachte die Dame dabei aus den Augenwinkeln. Sie unterstreicht jeden Satz mit entsprechenden Gesten. Ob sie weiss, dass sie kein Videogespräch führt? Nach jeder Geste, zupft sie ihren Jupe wieder nach unten. Vielleicht wäre ein Rock die bessere Wahl gewesen? Das Zupfen nimmt kein Ende. Es ist fast unangenehm daneben zu sitzen. Das nehme ich als Wink mit dem Zaunpfahl und trinke meinen Kaffee aus. Neben der Zupfenden streife ich meinen Mantel über und hänge meine Tasche an die Schulter. Da fällt mir etwas ein. Ich grabe in meiner Tasche und werde fündig. Eine Packung mit 4 Tischdeckengewichten in Form von schwarzen Brombeeren.
Kurz entschlossen lege ich die Packung der Dame auf den Tisch und sage nur „geschenkt“. Grinse und begebe mich zum Ausgang. Beim Verlassen des Kaffees schaue ich kurz über die Schulter und sehe zwei grosse Augen und einen offenen Mund. Vielleicht sollte ich morgen wieder hierhin um herauszufinden, ob ich einen neuen Modetrend ausgelöst habe…
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